Allergologie

Allergien sind Immunreaktionen, gegen an sich nicht schädliche Faktoren, wobei die Immunreaktion selber schädliche Rückwirkungen auf den Organismus bewirken. Es ist auf den ersten Blick vielleicht nicht einfach zu verstehen, aber Allergie + Immunität beruhen auf denselben Mechanismen!

Eine Allergie ist immer erworben! Sie beruht auf der Bildung von Antikörpern oder immunkompetenten Zellen. Die Allergisierung braucht Zeit (normalerweise 6 - 10 Tage).

Allergische Reaktionen äußern sich mit Juckreiz, Schwellung, Rötung (follikuläre Papeln) aber auch mit feiner Schuppung.


Ein Verdacht auf Vorliegen einer Typ-I-Allergie besteht, wenn Sie

Wenn einer oder mehrere dieser Punkte zutrifft, sollten Sie sich an einen Allergologen zur weiteren Abklärung wenden!


Arten der „Unverträglichkeiten"

1) Toxizität: Giftigkeit einer Substanz (beispielsweise Schwermetalle)

2) Überempfindlichkeit: verstärkte individuelle Reaktion auf eine Substanz

a) Pseudoallergie: klinische Reaktion mit Symptomen einer klassischen Allergie

b) Allergien: immunologisch induzierte Reaktion

Die pseudoallergische Reaktion unterscheidet sich von allergischen Reaktionen in folgenden Punkten:

Als Beispiele einer pseudoallergischen Reaktion seien hier Reaktionen durch unspezifische Histaminliberatoren in Nahrungsmitteln: z.B. Erdbeeren und Tomaten sowie durch vasoaktive Substanzen in Nahrungsmitteln: z.B. Histamin (Sauerkraut, Käse, verdorbener Fisch) und Serotonin (Bananen) genannt.

Testarten in der Allergologie


Durchführung der Allergietestungen:

Pricktest: ein Tropfen des Allergenextraktes wird auf die Haut gebracht und diese dann durch den Tropfen im spitzen Winkel mit einer Einmal-Prick-Lanzette angestochen und kurz angehoben. Dabei soll es nicht bluten!

Intrakutan-Test: Mit einer Tuberkulinspritze wird eine dünne Nadel flach leicht auf die Haut aufgedrückt und vorsichtig in den sich vor der Nadelspitze aufwölbenden Wulst (streng intrakutan!) eine etwa linsengroße Quaddel mit der zu testenden Lösung gesetzt.

Reibtest/Scratchtest: die Haut der Unterarmvolarseite wird mit dem unverändertem („rohen") Allergen (v.a. Nahrungsmittel) ca 10 x kräftig gerieben. Durch vorherigen Abriß der Hornschicht mit Klebestreifen oder Scratchen der Epidermis erhöht sich die Testsensitivität. Der Test ist positiv, wenn sich nach 10 - 20 Minuten Quaddeln entwickeln und die Mulltupferkontrolle negativ bleibt.

Wichtig: vor Durchführung der obigen Testungen sollten Medikamente aus der Gruppe der Antihistaminika bereits einige Tage vor Testung abgesetzt werden, weil diese Substanzen auch die Testreaktion unterdrücken können!


Mechanismus der Typ-I-Allergien
Durch Brückenbildung benachbarter, auf bestimmten Entzündungszellen (Mastzellen und Basophilen) gebundener IgE-Moleküle werden neben Histamin eine große Zahl weiterer Enzyme und Entzündungsmediatoren freigesetzt. Darauf hin kommt es innerhalb weniger Minuten als Folge dieser Freisetzung u. a. zu Schwellungen und Juckreiz, aber auch z.B. im Atemwegstrakt zu einer Kontraktion glatter Muskulatur (Allergisches Asthma!).

Therapiemöglichkeiten
Allergien, die diesen Mechanismus haben, lassen sich in der Regel sehr gut mit Medikamenten aus der Gruppe der Antihistaminika behandeln. Diese Substanzen werden in aller Regel sehr gut vertragen, lediglich bei älteren Präparaten kann es zu Müdigkeit kommen, was bei Teilnahme am Straßenverkehr beachtet werden muß.

Bei der Hyposensibilisierung handelt es sich um eine spezifische Immuntherapie, bei der man, durch langsam gesteigerte Zufuhr kleinster Allergenmengen, im Laufe der Behandlung den Körper an das Allergen „gewöhnt". Dabei kommt es unter anderem im Laufe der Zeit zu einem langsamen Absinken des IgE-Spiegels.

Als eine Art „natürliches Vorbild" für den Mechanismus der Hyposensibilisierungstherapie kann man die Imker ansehen. Auch hier läuft folgendes Schema ab: Häufige, regelmäßige Allergenzufuhr in hohen Dosen durch Injektion unter die Haut. Dieser Mechanismus bietet einen Schutz vor der Entstehung von Allergien, was sich nicht zuletzt daran zeigt, daß Imker keine Bienengift-Allergiker werden.

Durchführung der Hyposensibilisierung: subkutane Injektion an der Streckseite des Oberarms etwa handbreit oberhalb des Ellbogens. Der Patient soll wenigstens 30 Minuten in der Praxis beobachtet werden und keine körperlichen Anstrengungen in den nächsten 24 Stunden vornehmen.
Eine Hyposensibilisierung kommt vor allem in Frage bei Allergenen, denen man sich nicht entziehen kann (vor allem Pollen), dagegen nur in Ausnahmefällen bei beruflichen Inhalationsallergenen und Tierepithelien: hier ist Allergenkarenz wirkungsvoller und fast immer realisierbar.

Wann wird eine Hyposensibilisierung durchgeführt?

Allgemein gilt für eine Hyposensibilisierungstherapie, daß das Ansprechen um so günstiger ist, je kürzer die Krankheitsdauer war (Kinder und Jugendliche sind besonders geeignet).


Hyposensibilisierung - empfohlene Allergene:
Gräser, Roggen, Birke, Beifuß, Hausstaubmilbe I und II, Bienengift, Wespengift evtl. Katzenhaare


Beispiele für Typ-I-Allergien

Heuschnupfen
Bei bestimmten Personen kann sich eine Überempfindlichkeit gegenüber Pflanzenpollen entwickeln. Die wichtigsten Pollen, die sensibilisierend wirken können, sind Pollen von frühblühenden Bäumen (Birke, Hasel, Erle u. a.) sowie von Gräserpollen, aber auch von Pollen einiger Kräuter (z.B. Beifuß und Wegerich).
Charakteristisch für das Vorliegen einer Pollenallergie sind Beschwerden, wie brennende und tränende Augen, laufende Nase, Niesanfälle sowie in schweren Fällen bereits asthmatische Beschwerden. Die Beschwerden treten vorwiegend saisongebunden auf, bei den frühblühenden Bäumen sind das vorwiegend die Monate Februar bis Mitte Mai, und zwar an warmen trockenen Tagen, an denen die Pflanzen die Pollen in die Luft abgeben.
Zur Auslösung von Beschwerden reichen bei Allergikern bereits etwa 10 - 50 Pollen pro Kubikmeter Atemluft aus!


Nahrungsmittelallergien
Nahrungsmittel werden zu oft als Auslöser für allergische Reaktionen angeschuldigt. Bei den Erwachsenen beispielsweise finden sich in einer Größenordnung von ca. 5% relevante Nahrungsmittelallergien, wobei hier am häufigsten die sog. Kreuzallergien eine Rolle spielen.


Nahrungsmittelunverträglichkeit: Symptome
Gastrointestinaltrakt: Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, Bauchkrämpfe, Verdauungsstörungen u. ä.
Haut: Urtikaria (Nesselsucht), Schwellungen
Systemisch: anaphylaktischer Schock
Respirationstrakt (besonders bei Kindern!): Asthma, Entzündungen im Nasen-, Stirn- und Kieferhöhlen-Bereich.

Von einer Nahrungsmittel-„Allergie" sollte man nur dann sprechen, wenn bei Nahrungsmittel-Abhängigkeit der Symptome auch Beweise für einen Immunmechanismus (positiver Hauttest und/oder positiver RAST!) vorhanden sind!

Wichtig ist auch, daß die Ergebnisse, die in der Allergietestung gefunden wurden, für den einzelnen Patienten entsprechend interpretiert werden. Zum Beispiel findet man bei Patienten, die an einer Sensibilisierung gegenüber frühblühenden Bäumen (Birke, Hasel, Erle) leiden, nicht selten auch eine Reaktion gegenüber Kartoffeln (Kreuzallergie!). Hier handelt es sich jedoch streng genommen nicht um eine Nahrungsmittelallergie, denn die Beschwerden treten nur bei entsprechend sensibilisierten Patienten auf, wenn sie Kartoffeln schälen. Beim Kochen jedoch werden die entsprechenden Allergene zerstört, so daß es auf gekochte Kartoffeln (und nur so werden sie ja gegessen!) es nur in seltenen Ausnahmefällen zu Beschwerden kommt!

Diese kreuzreagierenden Proteine scheinen im Pflanzenreich eine wichtige Rolle bei der Abwehr mikrobieller Infektionen zu spielen, was ihre weite Verbreitung und ihre Konservierung während der Evolution erklärt, quer über Artengrenzen hinweg.


Zwei Ursachen einer Milchintoleranz: Laktasemangel und Allergie gegen Milchproteine. Während der Patient mit Enzymmangel, entsprechend der Restaktivität der Laktase noch kleine Mengen Milch vertragen kann, reagiert der Allergiker bereits auf kleinste Mengen Milch mit Beschwerden.
Einen Laktasemangel weisen in Europa etwa 10% der Erwachsenen auf. Dosisabhängig kommt es zu Blähungen, Bauchkrämpfen und Diarrhöen.


Tierhaarallergien
Wichtigster Auslöser von Tierhaarallergien sind Katzenhaare. Wobei man hier streng genommen nicht direkt auf die Haare selber reagiert, sondern auf einen Eiweißstoff aus dem Katzenspeichel (wichtigstes, sog. Majorallergen: Fel D I), der bei der Fellpflege der Tiere auf die Haare kommt.
Katzenallergene finden sich noch Monate nach Abschaffung des Tieres in der Wohnung! Die Katzenhaare finden sich im Schwebstaub, auf Teppichen, Möbeln und Tapeten. Katzenallergen ist kaum verottbar!

Kommerzielle Testlösungen sprechen manchmal aufgrund einer gewissen Rassenspezifität nicht im Allergietest an. Hier kann dann zur Klärung Haare der patienteneigenen Katze benutzt werden (wichtig: Tier vorher nicht waschen!)

Bei Ratten, Mäusen und Meerschweinchen ist das auslösende Allergen ein Eiweiß im Urin dieser Tiere.


Insektengiftallergien
Kommen vorwiegend auf Bienen-, Wespen-, Hornissen- und Hummelgift vor. Diese Insekten haben eine spezielle Verteidigungsstrategie entwickelt, bei der sie einen ganzen Giftcocktail unter die Haut spritzen.

In der Bundesrepublik versterben jährlich ca. 40 Personen nach Insektenstichen.


Klassifikation allergischer Insektenstichreaktionen
* Grad 0 - schwere Lokalreaktion: überhandtellergroße Schwellung
* Grad I - leichte Allgemeinreaktion: generalisierte Urtikaria, Pruritus, Übelkeit, Angst
* Grad II - mässige Allgemeinreaktion: beliebige Symptome aus Grad I und mindestens zwei der folgenden: Quincke-Ödem (Schwellungen der Lippen und Augenlider), Engegefühl im Thorax, Atemnot, Bauchbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindel
* Grad III - schwere Allgemeinreaktion: beliebige Symptome aus Grad II und mindestens zwei der folgenden: Atemnot, Schluckbeschwerden, Heiserkeit, verwaschene Sprache, Benommenheit, Schwächegefühl, Todesangst
* Grad IV - Schockreaktion: beliebige Symptome aus Grad III, II und I sowie mindestens zwei der folgenden: Zyanose (Blauverfärbungen der Lippen), Blutdruckabfall, Kollaps, unwillkürlicher Stuhl- und Urinabgang, Bewußtlosigkeit.

Wichtig: Da Insektengift-Allergien potentiell lebensbedrohlich verlaufen können, ist es wichtig, daß alle Stichreaktionen, bei denen zu einer maximal handflächengroßen Schwellung noch weitere Reaktionen (s.o.) aufgetreten sind, durch einen Facharzt allergologisch abgeklärt werden!

Notfallmedikamente für Patienten mit Insektengift-Allergien
   1) Adrenalin: Fertigspritze oder Spray
   2) Kortison (als Tabletten oder besser als Flüssigkeit)
   3) Antihistaminikum (ebenfalls, zwecks leichterer Aufnahme am besten als Tropfen)
   4) evtl. ß-Mimetikum-Spray


Typ IV-Allergien (Kontaktekzeme)
Es gibt noch immer keine allgemein anerkannte Definition des "Ekzems". Die von Hebra und Kaposi übernommene „Definition", "daß ein Ekzem sei, was wie ein Ekzem aussehe", trifft selbst heute noch zu!

Die meisten Ekzeme haben eine allergische Ursache (Allergie vom „Spättyp"). Eine Ausnahme stellt z.B. das sog. degenerativ-toxische Ekzem dar, einem „Abnutzungsekzem".

Kontaktekzeme sind per definitionem durch einen von außen einwirkenden Stoff ausgelöst.


Anamnese bei Kontaktekzem: Hier müssen unbedingt Einflüsse abgefragt werden aus den Bereichen Beruf, Hobby, Medikamente sowie aus dem Bereich des täglichen Lebens (Körperpflege, Bekleidung, Schmuck, Haushalt usw.).

Die Allergene werden üblicherweise mit einem sog. Epikutantest identifiziert. Hierbei werden Testpflaster auf den Rücken geklebt, verbleiben dort für 24 Stunden. Die Testablesungen erfolgen nach 24, 48 und 72 Stunden in Einzelfällen auch noch nach 96 Stunden.
Die Auswahl der Testsubstanzen richtet sich individuell nach dem durch die Anamnese erhobenen Verdacht. Üblicherweise testet man noch die Substanzen der sog. Europäischen Standardreihe mit, hierbei handelt es sich um eine (wechselnde) Zusammenstellung der ca. 30 wichtigsten in Europa vorkommenden Substanzen, darunter u. a. Nickel, Kobalt, Kaliumdichromat, Duftstoff-Mix und andere.

Klinische Relevanz: Diese ist unbedingt abzuklären, denn bei einer Hautreaktion im Testareal kann es sich um eine

handeln.

Die Diagnose kann nur gestellt werden, wenn Anamnese, klinischer Befund, Allergenexposition und Hauttestbefund übereinstimmen!


Exemplarisch für die Probleme, die bei der Identifizierung von Allergenen bestehen sei hier nur kurz die Duftstoff-Allergie erwähnt.

Bei Parfüms sind über 6000 verschiedene Duftstoffe in Gebrauch, davon sind in einem Parfüm zwischen 10 und 300 als individuelle Duftstoff-Komposition enthalten!

Da man unmöglich alle dieser Verbindungen gleichzeitig testen kann, ist es wichtig hier mit sog. Marker Substanzen und Allergen-Mischungen zu arbeiten. Eine solche Mischung ist der sog. „Duftstoff-Mix", bei denen eine Anzahl verschiedener Verbindungen in eine Testsubstanz eingearbeitet werden. Perubalsam ist eine weitere Markersubstanz für Parfümallergie, da hier etwa 50% der Patienten mit einer Parfümallergie reagieren hierauf positiv reagieren. Weitere Indikatoren für Duftstoff-Sensibilisierung sind Kolophonium (ein Baumharz) sowie Holzteere, die früher eine größere Bedeutung gehabt haben.

Perubalsam wird aus dem geschwefelten Holz des Balsambaumes (Myroxylon balsamum: engl.: Balsam of Peru, Peru balsam tree) hergestellt und besteht als Rohstoff aus 40-65% ätherischem Öl und 20-30% Harz. Sehr ähnlich ist auch Tolubalsam (gleiche Pflanzengattung). Verwendung findet Perubalsam als Duftstoff, als Aroma und als Ölzusatz in Polituren.

Das Hauptallergen ist Coniferylbenzoat, zusätzlich sind min. noch 15 weitere, sog. Nebenallergene bekannt.

Das Problem der Kreuzallergien resultiert nicht nur aus spezifischen Stoffen im Perubalsam, sondern auch durch die enthaltenen Benzoate allgemein.
Diese Salze der Benzoesäure werden in Lebensmitteln als Konservierungsstoff ( E 210 bis E 219) eingesetzt. Und wer auf Perubalsam allergisch reagiert, weist ein hohes Risiko auf, konservierte Nahrung ebenfalls nicht zu vertragen. Weiterhin können Vanille-Allergiker (und umgekehrt) auf Perubalsam reagieren, das Perubalsam als preiswerter Vanille-Ersatz eine weiter Verwendung erlangt hat.

Grundsätzlich ist es erforderlich Allergene zu meiden, was jedoch im Falle der Parfüm-Sensibilisierung häufig besonders schwer fällt. Erst einmal sind diese Verbindungen in zahlreichen Produkten enthalten (kaum ein kosmetisches Präparat beispielsweise ist unparfümiert), teils können die Produkte auch in Lebensmitteln vorkommen (z.B. als Vanilleersatz), zum anderen kommen noch große Probleme in der Deklaration der Produkte und der unterschiedlichen Bezeichnungen hinzu. Desweiteren kommen Duftstoffe gelegentlich auch in "nicht parfümierten" Artikeln vor. Sie werden dort in geringen Konzentrationen ( < 0,1%) zur Maskierung unangenehmer Gerüche (z.B. in Seife) eingesetzt.


Tips bei Vorliegen einer Duftstoffallergie:
In unklaren Fällen offener Anwendungstest 2 x täglich über eine Woche in der Ellbeuge auftragen, kommt es hierbei im Auftragungsbereich zu keinerlei Hauterscheinungen, wird dieses Produkt In der Regel vertragen.

Patienten, die an einer Parfümallergie leiden, können gewöhnlich Parfüm ohne Beschwerden verwenden, wenn sie es auf Kleidung oder Haare aufbringen.

© Dr. med. Michael Eisfelder 2017


Zurück